Die Arbeit Prolog 1 (Pavillon) begann mit einem künstlerischen Interesse an den raumvermessenden, kartographierenden Aspekten des Putzens – als Prinzip der Aneignung – sowie seiner skulpturalen Qualität.
Die Arbeit, die am 23. Oktober 2018 von 17-20 Uhr in einem rundumverglasten Pavillon der 1960er Jahre Moderne, an der Brauer-, Ecke Gartenstraße in Karlsruhe stattfand, bestand auf Handlungsebene aus dem Putzen des Inneren des Pavillons. Über vier an den Ecken des Pavillons angebrachte Lautsprecher hörten die sich im umliegenden Park befindenden Besucher*innen Textfragmente über den Pavillon: seine räumliche Verortung, seine (Un)-Zugänglichkeit auf institutioneller und baulicher Ebene sowie seine Architektur – Akten, Erzählungen, Spekulationen. Über drei Stunden Laufzeit verdichteten sich diese immer auch durch die Folie des Putzaktes ausgesuchten, verfassten und montierten Textfragmente zu einer offenen Erzählung.
Aus einer ursprünglich intuitiven Affinität zu diesem Ort sollte die Arbeit über das Putzen in genau diesem Pavillon stattfinden – Architektur der Nachkriegsmoderne, ein Kantinengebäude, angeblich von Egon Eiermann erbaut. Ein Gebäude, das der vielbefahrenen Straßenkreuzung den Rücken zudreht, eigentlich prominent platziert ist, aber von den meisten Passierenden unentdeckt bleibt – ein Ort, der auf vielen Ebenen changiert zwischen Sichtbarkeit, Unzugänglichkeit, Intransparenz und Mysterium.
Erst durch den langen Prozess, überhaupt Zugang zu dem ungenutzten Hochparterre des Gebäudes zu erhalten, und die damit einhergehenden intensiven Nachforschungen, verschob sich der Fokus der Arbeit hin zum Gebäude selbst und seiner schwer zu durchdringenden, sich nie ganz ergründenden Geschichte. Der Versuch, das Gebäude als Ausstellungsort zu nutzen, wurde in diesem Prozess Teil der Arbeit selbst.
So fanden diese unterschiedlichen Formen der Aneignung, das Putzen und die Recherche, letztlich wieder zusammen, am 23. Oktober 2018: einen Tag im Leben des Pavillons markierend, an dem alle Anwesenden zu Zeitzeug*innen seiner Existenz wurden. Die Besucher*innen befanden sich – die Textfragmente hörend – draußen im Park, während Judith Milz sich zeitgleich – als einzige Person – im Inneren des Pavillons befand, ihn drei Stunden lang putzte, während es draußen erst dämmerte und dann dunkel wurde, bis schließlich, Lichter aus, Tür zu, der Pavillon geputzt, der Abend vorbei war.
Prolog 1 (Pavilion) began with an artistic interest in the spatial and cartographic aspects of cleaning—as a principle of appropriation—as well as its sculptural quality.
The work, which took place on October 23, 2018, from 5 to 8 p.m., in a glass-walled pavilion from the modernist 1960s located at the corner of Brauerstraße and Gartenstraße in Karlsruhe, consisted, on the level of action, of cleaning the interior of the pavilion. Through four speakers mounted at the corners of the structure, visitors in the surrounding park could hear fragments of text about the pavilion: its spatial positioning, its (in)accessibility on both institutional and architectural levels, and its architecture—documents, narratives, speculations. Over the course of three hours, these curated, composed, and edited text fragments—always filtered through the act of cleaning—accumulated into an open-ended narrative.
The initial impulse to realize this work in exactly this pavilion arose from an intuitive affinity with the site—post-war modernist architecture, a former cafeteria building, allegedly designed by Egon Eiermann. A structure that turns its back on a busy intersection, prominently situated yet largely unnoticed by passersby—a place that wavers on many levels between visibility, inaccessibility, opacity, and mystery.
Only through the prolonged process of gaining access to the building’s unused raised ground floor—and the intensive research that this required—did the focus of the work begin to shift toward the building itself and its elusive, never fully graspable history. The attempt to use the building as an exhibition site ultimately became part of the work itself.
Thus, these different forms of appropriation—cleaning and research—converged once more on October 23, 2018: marking a day in the life of the pavilion on which all those present became witnesses to its existence. While the audience stood outside in the park listening to the audio fragments, Judith Milz—alone inside the pavilion—cleaned the space for three hours, as dusk settled and darkness fell, until finally, with the lights turned off and the door closed, the pavilion was cleaned, and the evening was over.
In den Archivierungsdokumenten finden Sie einen Text über die Entstehung der Arbeit. In der Online Fassung des PDFs sind zwei Informationen geschwärzt, die aber in der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe vor Ort – bei Interesse – eingesehen werden können. Wenden Sie sich hierzu bitte an das Archiv der HfG Karlsruhe. Außerdem können Sie versuchen mich unter folgender Emailadresse zu erreichen: judith.friederike.milz@gmail.com
„Der Weg ist das Ziel“ ist meine Devise. Der Arbeitsprozess ist daher ein wichtiger Teil meines Diploms. Ich zeige Fotos aus unterschiedlichen Teilen der Welt mit sehr unterschiedlichen Bildsprachen. Sie sind Momentaufnahmen aus meinem Blick durch die Kamera. Diese Bilder setze ich in Bezug zueinander, wobei manche Bilder miteinander harmonieren, funktionieren, kommunizieren – andere wiederum nicht. Durch die projizierten Bilder ändern sich die Bezüge und zeigen, dass die Bilder anders kommunizieren, je nachdem, welche Bilder an ihrer Seite sind. Dabei ist die Abfolge der Bilder eine Endlosschleife, und eine Bildkombination einer Wand kehrt immer wieder. Die Betrachtenden sind frei, selbst zu assoziieren, und jeder Blick sieht einen neuen, ganz eigenen Zusammenhang in der Konstellation der Fotografien.
Fotografieausstellung mit 18 Bildern auf Holz und Aludibond und 30 Bildern projiziert auf zwei Beamern.
Beschreibung (en)
“The journey is the reward” is my motto. The work process is therefore an important part of my diploma. I show photos from different parts of the world with very different visual languages. They are snapshots from my view through the camera. I place these images in relation to each other, whereby some images harmonize, function and communicate with each other - others do not. The projected images change the references and show that the images communicate differently depending on which images are at their side. The sequence of images is an endless loop and a combination of images on a wall is repeated again and again. Viewers are free to make their own associations and each view sees a new, unique context in the constellation of photographs.
Photography exhibition with 18 pictures on wood and Aludibond and 30 pictures projected on two beamers.
Die Ausstellung "Ungeordnete Zustände" erzählt in unterschiedlichen Strängen von der Auflösung der Kleingärten an der Stuttgarter Straße in Karlsruhe. Leonie Mühlen beobachtete diese Bewegungen, dokumentierte sie und nahm selbst daran teil. Die gezeigte Sammlung ist ein Versuch den Ort zu begreifen und zu konservieren. Eben diesen Ort im Abbruch, der in seiner Unordnung und seinem Ungehorsam Refugium für viele Dinge und Wesen war.
Beschreibung (en)
The exhibition "Ungeordnete Zustände" tells the story of the dissolution of the allotment gardens on Stuttgarter Straße in Karlsruhe in various strands. Leonie Mühlen observed these movements, documented them and took part in them herself. The collection on display is an attempt to understand and preserve the place. Precisely this place in demolition, which in its disorder and disobedience was a refuge for many things and beings.
Was passiert, wenn Individuen in engen, geschlossenen Räumen mit kaum persönlicher, sondern standardisierter, fest verankerter, textilloser Ausstattung leben, in denen sie einer permanenten Überwachung und Kontrolle sowie streng geregelten Tagesabläufen ausgesetzt sind?
Mascha Dilger untersucht die Parameter sanktionierender Räume: Besuche in unterschiedlichen Justizvollzugsanstalten und Interviews mit ehemaligen Inhaftierten werden in der Rauminstallation 7qm - Innen(an)sichten verarbeitet. Realitäten eines vor der Gesellschaft verborgenen und von ihr verdrängten Ortes werden offengelegt.
Die Arbeit beleuchtet, wie aus einem fremdbestimmten, rasterartigen Alltag einer totalen Institution, Versuche der geistigen Flucht und der Selbstbestimmtheit hervorgehen können. Es werden ortsspezifische und subkulturelle Erscheinungsformen betrachtet, die als Überlebensstrategien zu verstehen sind.
Beschreibung (en)
What happens when individuals live in narrow, confined spaces with hardly any personal but standardized, firmly anchored, textile-less furnishings, in which they are exposed to permanent surveillance and control as well as strictly regulated daily routines?
Mascha Dilger investigates the parameters of sanctioning spaces: visits to various prisons and interviews with former inmates are processed in the spatial installation "7qm - Innen(an)sichten". Realities of a place hidden from society are revealed.
The work illuminates how attempts of mental escape and self-determination can emerge from the grid-like everyday life of a total institution. Site-specific and subcultural manifestations are considered, which are to be understood as survival strategies.