Ob Raum, Bild, Text, Objekt oder System – Gestaltung ist immer auch Kommunikation. Gerade vor dem Hintergrund einer zunehmenden Radikalisierung, Segmentierung und Polemisierung von gesellschaftlichen Diskursen erscheint das Verhältnis von Gestaltung und Kommunikation heute brisanter denn je. Es entstehen immer neue Kommunikationsmedien, -kanäle, -räume und -systeme. Maschinen, Objekte, ja ganze Umgebungen werden zu eigenständigen Akteuren die mit uns kommunizieren und auf diversen medialen Ebenen in Interaktion treten. Wie sind die Kontexte, Möglichkeitsbedingungen und Wirkungszusammenhänge gestalteter Kommunikation heute zu verorten? Welche Begriffe sind notwendig um das Verhältnis von Gestaltung und Kommunikation aus heutiger Sicht zu konzeptualisieren?
Die Konferenz “Matters of Communication” schafft einen Raum der Auseinandersetzung darüber wie Kommunikation heute gestaltet wird, und wie Gestaltung heute kommuniziert.
Was sind richtungsweisende Ansätze und Methoden einer gestalterischen Forschung in Bezug auf die Kommunikation mittels, und innerhalb zeitgenössischer Ausdrucksformen, sowie kultureller und wirtschaftlicher Produktion? Wie reflektieren Forschungsprojekte die “Matters of Communication”, also die Form und Materialität gestalteter Kommunikation, und deren Rolle bei der Entstehung von Zuschreibungen und Interpretationszusammenhängen? Welche Rolle spielt Designforschung bei der Entwicklung von relevanten Fragestellungen und Lösungsansätzen? Wie findet Theoriebildung und eine Übersetzung in Lehre und Praxis statt?
PROGRAMM
Das Programm besteht aus Vorträgen, Diskussionen und Workshops, die in vier Themengebiete gefasst sind:
Sprache und Bild (auf Deutsch) Die Gestaltung von Kommunikation bewegt sich seit jeher zwischen den eher denotativen Qualitäten des geschriebenen Wortes und dem größeren konnotativen Freiraum des Bildes. Je nach gestalterischer Auffassung dient die visuelle Gestaltung der Unterstützung des Kommunikationsflusses, oder sprengt mit expressivem Gestus gewohnte visuelle Darstellungsformen. Wie wird Kommunikation in Sprache und Bild heute gestaltet, wahrgenommen/rezipiert und interpretiert? Was sind Einflussfaktoren, die auf die Gestaltung von visueller Kommunikation einwirken? Welchen Einfluss nimmt die visuelle Kommunikation auf herrschende gesellschaftliche Diskurse?
Raum und Inszenierung (auf Englisch) Von Unorten über Nutzbauten bis zu narrativen Erlebnisräumen, vom physikalischen Gebäude über augmentierte Hybridwelten bis zur virtuellen Realität – Räumlichkeit präsentiert sich vielschichtiger denn je. Wie funktionieren zeitgenössische Räume als Kommunikationsschnittstellen? Wie wird mit der Gestaltung dieser Räume argumentiert, erzählt und vermittelt? Welche Rolle spielt die Simulation als eine spezifische Ausdrucksform im Kontext wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Fragestellungen?
Objekt und Interaktion (auf Deutsch) Gestaltete Objekte sind sowohl eine Kombination aus Material, Funktion und Ästhetik als auch eine Schnittstelle in komplexen technologischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenhängen. Wie wird die Kommunikation zwischen Objekten und Menschen, sowie zwischen Menschen mittels Objekten, heute gestaltet? Wie kommunizieren diese Objekte in Bezug auf ihre Stellung in wirtschaftlichen und ökologischen Kreisläufen? Welche Rolle spielt die Materialität bzw. die Immaterialität in Bezug auf die kommunikativen Fähigkeiten von Objekten?
Gesellschaft und System (auf Englisch) Komplexe Systeme wie Computer, Unternehmen oder Gesellschaften basieren auf dem ständigen Austausch von Stoffen, Energien, Symbolen und sind dadurch per se kommunikative Systeme. Wie werden solche Systeme gestaltet? Wie geht Gestaltung mit verschiedenen Anspruchsgruppen in diesen Systemen um? Was bedeutet gute Kommunikation in einem System, und wie werden Reibung und Konflikt als produktive Kräfte genutzt?
Das 1953 von der UNESCO herausgegebene Manual of Travelling Exhibitions ist ein Handbuch zur Organisation von Wanderausstellungen. An Museen und andere öffentliche Institutionen gerichtet, formuliert es eine Grammatik des Ausstellens: von organisatorischen Fragen bis zum Ausstellungsdesign. Das „Manual“ liest sich aus heutiger Sicht wie ein Manifest einer noch ungebrochenen Moderne der unmittelbaren Nachkriegszeit.
Ein umfangreich kommentierter Reprint des Manual of Travelling Exhibitions soll zum einen die historische Quelle kontextualisieren und kritisch hinterfragen, zum anderen verschiedene Formen der Aktualisierung aufzeigen. Dabei sind die Inhalte des „Manual“ ebenso bedeutsam wie seine immanenten Fehlstellen, die Buchgestaltung oder die fotografische Logik der Abbildungen.
Was bleibt von einem Jubiläum anlässlich 200 Jahre Badischer Kunstverein? Nach einer intensiven Recherche zu der Geschichte des Hauses und den Ausstellungen haben wir uns gefragt, was im vergangenen Jahr zur Sprache kam und was noch unbeantwortet blieb. Als Nachklang des Jubiläums möchten wir noch einmal auf eine Besonderheit der Kunstvereinsarbeit zurückkommen: Auf die Geschichte der Jahresgaben. Parallel zur Mitgliederausstellung war es nur möglich, einen kleinen Teil der noch vorhandenen Jahresgaben und Editionen zu präsentieren, dabei sind es gerade diese eher ephemeren und flexibleren Formate, die die unterschiedlichen Programmatiken des Kunstvereins auf signifikante Weise abbilden.
Entstanden ist eine Ausstellung fast aller noch vorhandenen Jahresgaben und Editionen aus den Jahren 1842 – 2017, von denen einige seit langer Zeit erstmals wieder öffentlich präsentiert werden. Unter den Arbeiten befinden sich einige in Vergessenheit geratene und vergriffene Editionen, die während der Recherchen für das 200-jährige Jubiläum wiederentdeckt oder von Mitgliedern für die Präsentation zur Verfügung gestellt wurden. Bemerkenswert sind zum Beispiel die aus dem Privatbesitz von Schloss Salem zur Verfügung gestellten Mappen mit Vereinsgaben aus den Jahren 1904 bis 1919, unter anderem die Grafik Marabu von Friedrich Barth. Die Ausstellung zeigt außerdem Werke aus dem frühen Kontext der Staatlichen Kunstakademie Karlsruhe, wie beispielsweise Arbeiten von Walter Conz und Hermann Kupferschmid. Außerdem zu sehen sind drei herausragende Drucke von Karl Hubbuch sowie Editionen von Otto Piene oder eine Arbeit von Wolf Vostell, der in der wegweisenden Gruppenausstellung Kunst und Politik (1970) vertreten war. Die Einordnung aller Arbeiten in die Ausstellungsgeschichte wird anhand von Plakaten, Katalogen und Schriftstücken visualisiert, zugleich soll das Prinzip der Jahresgaben und deren Genese kritisch untersucht werden.
Erstmalig beschäftigt sich ein Kunstverein mit diesem ihm eigenen Prinzip der Jahresgaben, die von ausgewählten Künstler*innen dem Verein zur Verfügung gestellt oder neu produziert werden, um sie anschließend an die Mitglieder zu verkaufen. Die Anfänge der Jahresgabenwerke sind dabei eng mit der Entstehungsgeschichte des Kunstmarktes verknüpft und einmal im Jahr wird der Kunstverein in den Kreislauf von Ankauf und Verkauf von Kunstwerken eingeschleust. In den letzten Jahren ist die Aufmerksamkeit der Presse für die Jahresgaben der Kunstvereine deutlich gestiegen, große Artikel in Die Zeit, der Süddeutschen Zeitung oder der Frankfurter Allgemeinen Zeitung präsentieren einen Querschnitt der angebotenen Werke aus den Institutionen. Ebenso widmen sich internationale Kunstzeitschriften einer regelmäßigen Berichterstattung über das alljährliche Jahresgabenangebot. Die Preise sind verlockend, denn oftmals sind die Arbeiten unter Galeriepreis zu erhalten und schon längst sind die Werke nicht mehr nur Mitgliedern zugänglich, sondern oftmals auch für Nichtmitglieder – zumeist gegen einen Aufpreis – käuflich zu erwerben.
Ein Team aus Kunsthistoriker*innen, Kunstwissenschaftler*innen, Szenograf*innen und Gestalter*innen hat sich mit Fragen der Präsentation und Kontextualisierung der Jahresgaben im Badischen Kunstverein auseinandergesetzt. Für die Präsentation ist eine mehrdimensionale Ausstellungsstruktur entstanden, die sich durch alle Räume des Kunstvereins zieht. Diese Struktur entwickelt sich aus dem sukzessiven Abtragen der Oberflächen und macht das zugrunde liegende Rohmaterial sichtbar, um dadurch neue architektonische und inhaltliche Zusammenhänge zu verdeutlichen. Die Vielzahl der Gattungen und Medien der Jahresgaben wuchs in den letzten zwei Jahrhunderten:
Von Sammelmappen über Losverfahren bis hin zu individuell erwerblichen Editionen und Unikaten, durchlief das Konzept eine ähnliche Entwicklung wie die Programmatik der Kunstvereine. Der Fokus liegt dabei besonders auf den historischen Werken, die durch die Ausstellung aus multiplen Perspektiven neu betrachtet und positioniert werden.
Nicht nur die Jahresgaben haben eine lange Tradition, auch die Salongespräche gehen auf die Gründung des Kunstvereins zu Beginn des 19. Jahrhunderts zurück. Diesen Salon möchten wir im Rahmen unserer Reihe MITTWOCHS IM KUNSTVEREIN wieder aufleben lassen. Jeden Mittwoch während der Ausstellungsdauer wird es einen kurzen Vortrag, eine Bildbetrachtung oder einen performativen Beitrag in Bezug auf die Ausstellung und das Konzept der Jahresgaben geben. Die genaueren Informationen zu den Veranstaltungen entnehmen Sie bitte in Kürze unserer Website, den Auslagen in der Ausstellung und über unsere Sozialen Netzwerke.
Die Ausstellung “Häuser zum Anfassen“ befasst sich mit dem Ausstellen von Architektur. In künstlerischen Recherchearbeiten verhandelt sie Fragen zur Repräsentation, Medialisierung, Simulation und Aneignung von Architektur anhand der Musterhaus-Ausstellung in Fellbach. Diese wurde 1971 vom Verleger Ottmar Strebel gegründet und ist nach eigener Darstellung die erste ihrer Art in Deutschland. Besucherinnen und Besucher können hier 66 verschiedene, nahezu komplett eingerichtete Musterhäuser besichtigen, begehen und kaufen. So entsteht ein Hybrid aus Ausstellung, Kulissensiedlung und Simulationsarchitektur.
Würde man den Künstler danach fragen, würde er einem vermutlich die gleiche Auskunft geben, daher nehme ich an, dass auch ich alles Folgende sagen darf: Felix Buchholz hat in der Gellertstraße 14, einer alten Fabrikantenvilla in der Karlsruher Weststadt, im Juli 2018, die Wohnung seiner verstorbenen Großmutter rekonstruiert. Die Wände und Decken dieser Rekonstruktion bestehen aus zusammengenähten Stoffen aus ebenjener Wohnung, die an einem nicht sichtbaren Hängekonstrukt angebracht sind. Man betritt die „Wohnung“, die Installation, per Konzept alleine, ohne Schuhe und solange man will. Als ich sie betrete, weiß ich, dass Felix Buchholz die einzige Person war, zu der seine Großmutter überhaupt noch Kontakt hatte vor ihrem Tod, er hat mir erzählt, wie ihre gemeinsamen Treffen verlaufen sind, was sie dann taten, wie es in ihrer Wohnung aussah, die sie zuletzt eigentlich kaum mehr verließ, was er über ihr Leben wusste, ihre Eigenheiten und Ansichten, und was das mit seinem Vater, seiner Mutter und seiner eigenen Biografie zu tun hatte. Ich wusste, dass er eines Tages zu einem, wie immer, per Postkarte angekündigten Besuch vorbeikommen wollte und sie zum ersten Mal nicht öffnete, und dass, als die Polizei ihm ein paar Stunden später die Tür aufbrach, sich herausstellte, dass das nicht zum ersten Mal passierte, sondern bereits einige Tage zuvor das Gleiche passiert war, auf Anruf der Nachbarn hin, wegen des Geruchs. Und dass sie nur zwei Tage zuvor, vor seinem Besuch, alleine beerdigt worden sei. Von ihrer eigenen Beerdigung hatte sie eine genaue Vorstellung, die sie mit Felix abgesprochen hatte. So ist es unweit mehr als eine verpasste Chance, ein Abschiedsritual, bei dem allen voran Felix Buchholz nicht Abschied nehmen konnte.
Als ich die Installation betrete, habe ich im Nacken, die Vorstellung ebenjener Person und so mein ich dann manchmal mich umdrehen zu müssen, obwohl ich weiß, dass ich allein in der Stoffwohnung bin. Ich geh ins Wohn-/Schlafzimmer, dort steht, zentral, ein Bett, ein Sarg, eine Totenaufbahrung, in die man sich legen kann, oder soll, oder man soll sich zumindest fragen ob man sich hineinlegen soll oder eben nicht. Oben drauf ist Lavendel gepflanzt, Stoffe, Motten, Lavendel, und als ich mich hinlege gehen drinnen im Sarkophag hinter Stoff verkleidete Leuchtstoffröhren an, sie klicken und brummen, und ich erschrecke mich zu Tode. Ein bisschen ist das jetzt wie auf dem Seziertisch zu liegen, aber es ist auch nicht so unangenehm, dass ich sofort wieder gehen möchte. Beobachtet komme ich mir noch immer vor, so, als ob ich durch die von außen beleuchteten dünnen Stoffwände von dem Künstler, also Felix Buchholz, vielleicht beobachtet werden würde.
Deutungshoheit zu haben ist ein genuin künstlerisches Moment, nur, je mehr eine Geschichte den Anspruch auf eine individuelle Erfahrung, oder Authentizität hat, desto schleichender kommt die Einsicht, dass mit dem angenommenen Tod seiner Großmutter Felix in jeglichen Sinne zu ihrem Alleinerben geworden ist, zur Deutungshoheit auch über ihr Leben, und so zelebriert er hier eine zweite Totenwache. Im Bad geht ein Fön an, ich denke, aha, es ist doch jemand zweites hier, vorher erschrecke ich zu Tode durch das Geräusch, das mich aus meiner arglosen Haltung, der kontemplativen Situation reist. Ich schleiche mich ins Bad, wo einige Föns von der Decke hängen, die jetzt wild im Raum hin- und herschlackern, vom Rückstoß des Föndrucks, der aus dem Nichts gekommen sein muss. Im Flur, der auch, weiß ich, hat er mir erzählt, als Küche genutzt wurde, gibt es ein kleines Stoffloch, eine Höhle für den Kopf in der Wand, eine Aufforderung sich auf den Rücken zu legen und das darin laufende Video über sich anzusehen, von der originalen, nur leergeräumten Wohnung, während Felix die Wohnung beschreibt. Während ich da liege und meine Füße, abgetrennt von meinem Kopf aufgestellt in dem Flur seiner verstorbenen Großmutter liegen, denke ich, wenn sie das sehen könnte, das wäre eine sehr schöne One Minute Sculpture. Also, ich werde das Gefühl nicht los, man beobachtet mich.
35qm sind es insgesamt, einmal geh ich noch durch die Wohnung, auf dem Weg nach draußen ziehe ich meine Schuhe wieder an, ihre stehen noch immer fein aufgereiht da. Im Foyer der Gellertstraße 14, in dem man sich jetzt wieder befindet, findet man auf dem dort an der Treppe angebrachten Lift liegt ein bedrucktes Handtuch liegen, bedruckt mit einem Foto der Frau, die Felix Großmutter ist. Sie hat ein Kleidungsstück mit Leoprint an und sieht sehr schick aus damit, ein bisschen makaber ist das schon, sie liegt da so flach auf dem Treppenlift, sieht aber ganz zufrieden dabei aus. Daneben findet sich am Boden so eine Art Schrein, und über all dem hängt eine schwarze Flagge, eben, Totenwache. Und Felix, der Totenwächter?, weil, was man nicht vergessen darf, niemand hat sich die Ausstellung angesehen, ohne, dass er die Haustür geöffnet hat, und ohne, dass er wieder da war, wenn man rauskam. Wenn man dann mit ihm gesprochen hat, haben drinnen die Föns immer noch weitergeturnt von Zeit zu Zeit und vielleicht hat er einem dann erst mal ein Glas Leitungswasser angeboten.
Die Ausstellung "Seeing With Four Eyes" verfolgt die Objektbiografie der Statue Ngonnso' aus Kamerun durch verschiedene geografische, zeitliche und institutionelle Kontexte. Dieser erste Satz ist bereits fehlerhaft. Ist Statue überhaupt ein angemessener Begriff, um eine Figur zu beschreiben, die für die einen ein Lebewesen darstellt, während andere sie lediglich als Beispiel für materielle Kultur betrachten? Und ist Biografie der richtige Begriff, um das Leben eines Artefakts zu beschreiben? Ist sie an ihr materielles Wesen gebunden oder existiert sie schon lange bevor sie aus Holz geschnitzt wurde und lange nachdem sie von Termiten gefressen wurde oder in einem brennenden Museum verloren ging? In dem Bestreben, mehr über Ngonnso' zu erfahren, beschloss ich, sie bei ihrem Namen zu nennen und damit nicht vorzuschreiben, was sie ist. Ich habe versucht, die Fragmente einer Geschichte zu sammeln, die sich nicht zu einem Ganzen zusammenfügen lassen. Ich verfolgte Fäden, die bis zur Entstehungszeit zurückreichen, zu Strafexpeditionen und Kriegshandlungen des deutschen Kolonialreichs, zu Kulturfesten in Kamerun und Europa und zu einem Museum, das versucht, mit seiner Sammlung zurechtzukommen. Ich habe mit Menschen gesprochen, die sich entweder mit Ngonnso' selbst oder mit den Kampagnen, nationalen Gesetzen und der Politik beschäftigt haben, die sie beeinflusst haben und weiterhin beeinflussen. Ngonnso' befindet sich in einem Schwebezustand: Sie wird im Frühjahr 2019 von einem Museumsdepot am Rande Berlins in eine neue Museumseinrichtung im Stadtzentrum transportiert und damit erneut von einem gelagerten Objekt in ein Ausstellungsobjekt verwandelt. Zugleich ist sie Gegenstand laufender Restitutionsverhandlungen zwischen dem Oberhäuptling des Königreichs Nso', Fon Sehm Mbinglo I, dem Staat Kamerun, dem Ethnologischen Museum Berlin und dem deutschen Staat. "Seeing With Four Eyes" bietet einen Raum, um über diese Einheit in ihren vielfältigen und widersprüchlichen Dimensionen zu reflektieren.
In der gemeinsamen Gesprächsreihe "Vom Nutzen der Kunst" von ZKM und HfG, laden wir internationale Gäste aus Philosophie, Literatur und Kunst zum offenen Austausch mit den Hochschulangehörigen, den Mitarbeitenden des ZKM und der Karlsruher Bevölkerung ein.
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28.11.2023
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Handeln mit Zwecken. Künste im 21. Jahrhundert
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Titel
Handeln mit Zwecken. Künste im 21. Jahrhundert
Untertitel
mit Philosophin und Künstlerin Judith Siegmund ZKM & HfG Gesprächsreihe
In der gemeinsamen Gesprächsreihe "Vom Nutzen der Kunst" von ZKM und HfG, laden wir internationale Gäste aus Philosophie, Literatur und Kunst zum offenen Austausch mit den Hochschulangehörigen, den Mitarbeitenden des ZKM und der Karlsruher Bevölkerung ein. Zum Auftakt sprechen Alistair Hudson und Constanze Fischbeck mit der Philosophin und Künstlerin Judith Siegmund.
Der Titel des Vortrags an diesem Abend wird sein: "Handeln mit Zwecken. Künste im 21. Jahrhundert“
Weltweit entstehen immer mehr „marginale“, „laterale" oder nicht-institutionelle, selbstinitiierte, informelle und kleine private Archive, die von der Politik öffentlicher Institutionen hinterlassene Lücken schließen und marginalisierten Personen und Realitäten eine Stimme geben. Dabei handelt es sich oft nicht um Archive im eigentlichen Sinne, sondern um Indizes oder kreative Projekte, die mit Materialien und Daten auf neuartige Weise umgehen. Parallel dazu und in Verbindung damit ist eine große Anzahl von forschungsbasierten kreativen Praktiken entstanden, die mit der Aneignung und Neuformulierung archivarischer Methoden arbeiten und damit auf eine Medienrealität im beschleunigten Wandel reagieren. Das Internet und die neuen Medien fordern dazu heraus, neue Sprachen und Methoden des Archivierens zu entwickeln, aber auch eine politisch-strategische, interdisziplinäre Debatte darüber zu führen, was es wirklich bedeutet, Archivmaterial zu teilen beziehungsweise zu kommerzialisieren. Die oben genannten Phänomene: subalterne Archive, forschungsbasierte künstlerische Praktiken und das Aufkommen neuer Medien erschüttern das Archiv – sowohl Inhalt als auch formal – auf unterschiedliche Weise. Gerade der Blick auf kleine und marginale Archivierungsinitiativen lässt uns die heutigen Herausforderungen im Feld der Archive verstehen: das kontinuierliche Aufzeichnen von Ereignissen, das dynamische und autonome Verwalten von Daten, das Dokumentieren und Bewahren möglichst aller Stimmen.
Das Thema des 30-jährigen Jubiläums der HfG Karlsruhe ist "The future of“. Die Zukunft können wir nicht gestalten, ohne uns den gegenwärtigen Fragen der Archivierung des Vergangenen zu stellen. Um unsere Sicht auf die Realität, auf konventionelle westliche Formen des Wissens, der Klassifizierung und der Bewertung in Frage zu stellen, um die jüngste Vergangenheit und ihre materiellen und „immateriellen“ Veränderungen zu dokumentieren, um die vielfältigen und miteinander verknüpften Dringlichkeiten der Gegenwart anzugehen, brauchen wir sowohl das Archiv als auch seine Erschütterungen. Anstatt den Begriff des Fortschritts in Bezug auf die Zukunft allgemein und insbesondere auf die Zukunft des Archivierens zu verwenden, möchten wir die Dimension der Zukunft unter dem Aspekt des Potenzials untersuchen.
Gastredner*innen sind u. a. der Künstler Lawrence Abu Hamdan, die Begründerin des Cyberfeminism Index Mindy Seu, die Direktorin der Villa Romana in Florenz Angelika Stepken und die Wissenschaftlerin Özge Çelikaslan. Das Programm wird in Kürze veröffentlicht werden.
„Present Tense” beschäftigt sich mit unserer unmittelbaren Gegenwart: Wir leben in einer komplexen, krisenhaften Zeit, in der die Überlagerung von Klima- und Energiekrise, Postpandemie, Prekarität und Konkurrenz, gesellschaftlicher Radikalisierung bis hin zu näher rückenden Kriegen bereits jetzt gravierende Auswirkungen auf unser Leben und Arbeiten hat. Die Anspannung steigt, wir stehen vor dringlichen gesamtgesellschaftlichen Aufgaben und bewegen uns zugleich in Richtung eines Zustands chronischer Erschöpfung. Das etablierte Kunstfeld und die künstlerische und kulturelle Produktion sind davon nicht ausgenommen. Mit Künstler:innen, Kurator:innen und anderen Expert:innen des kulturellen Feldes möchten wir den Blick auf die aktuelle künstlerische Produktion und Ausstellungspraxis richten und die Frage nach möglichen (Zukunfts-)perspektiven für das Kunstfeld diskutieren:
Welche gesellschaftliche Rolle können und müssen Kunst und ihre Produzent:innen in einer sich radikal verändernden Welt einnehmen? Wie können Kunst- und Kulturinstitutionen zu Orten aktiver gesellschaftlicher Transformation werden? Was bedeutet es, eine (ökologisch wie sozial) nachhaltige künstlerische und institutionelle Praxis in der digitalen Gegenwart zu entwickeln? Welche neuen Gemeinschaften brauchen wir, gerade im Hinblick auf die zunehmende gesellschaftliche Spaltung und Radikalisierung? Offensichtlich führt die krisenhafte Gegenwart u. a. dazu, dass sich Menschen nach autoritären Figuren und Programmen sehen – eine Aufgabe von Kunst und Kultur könnte es sein, andere, freiere Konzepte von Zukunft zu entwerfen.
Auch das Konzept der Fürsorge in der künstlerischen und kuratorischen Praxis wird Thema der Veranstaltung sein. Teil des Symposiums sind neben Vorträgen künstlerische Workshops, Interventionen und Performances, die wir als gleichwertige Formen der Wissensproduktion und -vermittlung begreifen.
Mit Beiträgen von Gin Bahc, Sascia Bailer, Constanze Fischbeck, Sina Hensel, Alistair Hudson, Anne Duk Hee Jordan, Valentina Karga, Matriarchale Volksküche, Jacob Ott und Dorothee Richter.