Die vierte Ausgabe von "Materialien für Ausstellungsdesign und Szenografie", MAS 004, widmet sich den Ausstellungsgestaltungen des niederländischen Kommunikationsdesigners Jan van Toorn. Bereits seit den frühen 1970er Jahren ist er für die Gestaltung von Kalendern, Postern und Katalogen, von denen viele für das Van Abbemuseum in Eindhoven entstanden sind, international bekannt. Van Toorn betrachtet Objektivität und Neutralität als Illusion, vielmehr versteht er jede gestalterische Handlung als subjektiven Ausdruck. Diese Überzeugung führte Jan van Toorn dazu, den “dialogischen Charakter“ von Design herauszuarbeiten. Seine Gestaltungen öffnen unterschiedliche Bedeutungsmöglichkeiten und sollen zu einer kritischen, nicht eindeutigen, Rezeption aktivieren. Die Produktion und Reflektion dialogischer Formen von Design verbindet Jan van Toorns mit der Arbeit der Kunsthistorikerin und Designtheoretikerin Els Kuijpers. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich damit, wie Sprache – visuell und schriftlich – Bedeutung in dynamischen sozialen Gefügen herstellt. Um Designtheorie und -praxis zusammenzuführen, “in thinking and making” wie sie sagen, untersuchen sie die Inszenierung von Botschaften und haben daraus eine spezielle editoriale Gestaltungsmethode entwickelt.
Im Frühjahr 2017 lud van Toorn die MAS-Redaktion nach Amsterdam ein, wo ein Gespräch und eine extensive Materialsichtung von seinen Ausstellungsgestaltungen und Katalogen stattfand. MAS 004 vermittelt anhand von fünf Ausstellungsbeispielen Jan van Toorns Begriff von visueller Kommunikation im Raum, einer Form der körperlichen Erfahrung der Inhalte, einem Lesen ohne Text. Ergänzt wird dieses Material durch ein E-mail-Interview mit Els Kuijpers, in welchem es um die Performativität und Erfahrung von Gestaltung geht, sowie um die Möglichkeiten der Übersetzung von gestalterischer Praxis in Sprache.
Ob Raum, Bild, Text, Objekt oder System – Gestaltung ist immer auch Kommunikation. Gerade vor dem Hintergrund einer zunehmenden Radikalisierung, Segmentierung und Polemisierung von gesellschaftlichen Diskursen erscheint das Verhältnis von Gestaltung und Kommunikation heute brisanter denn je. Es entstehen immer neue Kommunikationsmedien, -kanäle, -räume und -systeme. Maschinen, Objekte, ja ganze Umgebungen werden zu eigenständigen Akteuren die mit uns kommunizieren und auf diversen medialen Ebenen in Interaktion treten. Wie sind die Kontexte, Möglichkeitsbedingungen und Wirkungszusammenhänge gestalteter Kommunikation heute zu verorten? Welche Begriffe sind notwendig um das Verhältnis von Gestaltung und Kommunikation aus heutiger Sicht zu konzeptualisieren?
Die Konferenz “Matters of Communication” schafft einen Raum der Auseinandersetzung darüber wie Kommunikation heute gestaltet wird, und wie Gestaltung heute kommuniziert.
Was sind richtungsweisende Ansätze und Methoden einer gestalterischen Forschung in Bezug auf die Kommunikation mittels, und innerhalb zeitgenössischer Ausdrucksformen, sowie kultureller und wirtschaftlicher Produktion? Wie reflektieren Forschungsprojekte die “Matters of Communication”, also die Form und Materialität gestalteter Kommunikation, und deren Rolle bei der Entstehung von Zuschreibungen und Interpretationszusammenhängen? Welche Rolle spielt Designforschung bei der Entwicklung von relevanten Fragestellungen und Lösungsansätzen? Wie findet Theoriebildung und eine Übersetzung in Lehre und Praxis statt?
PROGRAMM
Das Programm besteht aus Vorträgen, Diskussionen und Workshops, die in vier Themengebiete gefasst sind:
Sprache und Bild (auf Deutsch) Die Gestaltung von Kommunikation bewegt sich seit jeher zwischen den eher denotativen Qualitäten des geschriebenen Wortes und dem größeren konnotativen Freiraum des Bildes. Je nach gestalterischer Auffassung dient die visuelle Gestaltung der Unterstützung des Kommunikationsflusses, oder sprengt mit expressivem Gestus gewohnte visuelle Darstellungsformen. Wie wird Kommunikation in Sprache und Bild heute gestaltet, wahrgenommen/rezipiert und interpretiert? Was sind Einflussfaktoren, die auf die Gestaltung von visueller Kommunikation einwirken? Welchen Einfluss nimmt die visuelle Kommunikation auf herrschende gesellschaftliche Diskurse?
Raum und Inszenierung (auf Englisch) Von Unorten über Nutzbauten bis zu narrativen Erlebnisräumen, vom physikalischen Gebäude über augmentierte Hybridwelten bis zur virtuellen Realität – Räumlichkeit präsentiert sich vielschichtiger denn je. Wie funktionieren zeitgenössische Räume als Kommunikationsschnittstellen? Wie wird mit der Gestaltung dieser Räume argumentiert, erzählt und vermittelt? Welche Rolle spielt die Simulation als eine spezifische Ausdrucksform im Kontext wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Fragestellungen?
Objekt und Interaktion (auf Deutsch) Gestaltete Objekte sind sowohl eine Kombination aus Material, Funktion und Ästhetik als auch eine Schnittstelle in komplexen technologischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenhängen. Wie wird die Kommunikation zwischen Objekten und Menschen, sowie zwischen Menschen mittels Objekten, heute gestaltet? Wie kommunizieren diese Objekte in Bezug auf ihre Stellung in wirtschaftlichen und ökologischen Kreisläufen? Welche Rolle spielt die Materialität bzw. die Immaterialität in Bezug auf die kommunikativen Fähigkeiten von Objekten?
Gesellschaft und System (auf Englisch) Komplexe Systeme wie Computer, Unternehmen oder Gesellschaften basieren auf dem ständigen Austausch von Stoffen, Energien, Symbolen und sind dadurch per se kommunikative Systeme. Wie werden solche Systeme gestaltet? Wie geht Gestaltung mit verschiedenen Anspruchsgruppen in diesen Systemen um? Was bedeutet gute Kommunikation in einem System, und wie werden Reibung und Konflikt als produktive Kräfte genutzt?
Das 1953 von der UNESCO herausgegebene Manual of Travelling Exhibitions ist ein Handbuch zur Organisation von Wanderausstellungen. An Museen und andere öffentliche Institutionen gerichtet, formuliert es eine Grammatik des Ausstellens: von organisatorischen Fragen bis zum Ausstellungsdesign. Das „Manual“ liest sich aus heutiger Sicht wie ein Manifest einer noch ungebrochenen Moderne der unmittelbaren Nachkriegszeit.
Ein umfangreich kommentierter Reprint des Manual of Travelling Exhibitions soll zum einen die historische Quelle kontextualisieren und kritisch hinterfragen, zum anderen verschiedene Formen der Aktualisierung aufzeigen. Dabei sind die Inhalte des „Manual“ ebenso bedeutsam wie seine immanenten Fehlstellen, die Buchgestaltung oder die fotografische Logik der Abbildungen.
Was bleibt von einem Jubiläum anlässlich 200 Jahre Badischer Kunstverein? Nach einer intensiven Recherche zu der Geschichte des Hauses und den Ausstellungen haben wir uns gefragt, was im vergangenen Jahr zur Sprache kam und was noch unbeantwortet blieb. Als Nachklang des Jubiläums möchten wir noch einmal auf eine Besonderheit der Kunstvereinsarbeit zurückkommen: Auf die Geschichte der Jahresgaben. Parallel zur Mitgliederausstellung war es nur möglich, einen kleinen Teil der noch vorhandenen Jahresgaben und Editionen zu präsentieren, dabei sind es gerade diese eher ephemeren und flexibleren Formate, die die unterschiedlichen Programmatiken des Kunstvereins auf signifikante Weise abbilden.
Entstanden ist eine Ausstellung fast aller noch vorhandenen Jahresgaben und Editionen aus den Jahren 1842 – 2017, von denen einige seit langer Zeit erstmals wieder öffentlich präsentiert werden. Unter den Arbeiten befinden sich einige in Vergessenheit geratene und vergriffene Editionen, die während der Recherchen für das 200-jährige Jubiläum wiederentdeckt oder von Mitgliedern für die Präsentation zur Verfügung gestellt wurden. Bemerkenswert sind zum Beispiel die aus dem Privatbesitz von Schloss Salem zur Verfügung gestellten Mappen mit Vereinsgaben aus den Jahren 1904 bis 1919, unter anderem die Grafik Marabu von Friedrich Barth. Die Ausstellung zeigt außerdem Werke aus dem frühen Kontext der Staatlichen Kunstakademie Karlsruhe, wie beispielsweise Arbeiten von Walter Conz und Hermann Kupferschmid. Außerdem zu sehen sind drei herausragende Drucke von Karl Hubbuch sowie Editionen von Otto Piene oder eine Arbeit von Wolf Vostell, der in der wegweisenden Gruppenausstellung Kunst und Politik (1970) vertreten war. Die Einordnung aller Arbeiten in die Ausstellungsgeschichte wird anhand von Plakaten, Katalogen und Schriftstücken visualisiert, zugleich soll das Prinzip der Jahresgaben und deren Genese kritisch untersucht werden.
Erstmalig beschäftigt sich ein Kunstverein mit diesem ihm eigenen Prinzip der Jahresgaben, die von ausgewählten Künstler*innen dem Verein zur Verfügung gestellt oder neu produziert werden, um sie anschließend an die Mitglieder zu verkaufen. Die Anfänge der Jahresgabenwerke sind dabei eng mit der Entstehungsgeschichte des Kunstmarktes verknüpft und einmal im Jahr wird der Kunstverein in den Kreislauf von Ankauf und Verkauf von Kunstwerken eingeschleust. In den letzten Jahren ist die Aufmerksamkeit der Presse für die Jahresgaben der Kunstvereine deutlich gestiegen, große Artikel in Die Zeit, der Süddeutschen Zeitung oder der Frankfurter Allgemeinen Zeitung präsentieren einen Querschnitt der angebotenen Werke aus den Institutionen. Ebenso widmen sich internationale Kunstzeitschriften einer regelmäßigen Berichterstattung über das alljährliche Jahresgabenangebot. Die Preise sind verlockend, denn oftmals sind die Arbeiten unter Galeriepreis zu erhalten und schon längst sind die Werke nicht mehr nur Mitgliedern zugänglich, sondern oftmals auch für Nichtmitglieder – zumeist gegen einen Aufpreis – käuflich zu erwerben.
Ein Team aus Kunsthistoriker*innen, Kunstwissenschaftler*innen, Szenograf*innen und Gestalter*innen hat sich mit Fragen der Präsentation und Kontextualisierung der Jahresgaben im Badischen Kunstverein auseinandergesetzt. Für die Präsentation ist eine mehrdimensionale Ausstellungsstruktur entstanden, die sich durch alle Räume des Kunstvereins zieht. Diese Struktur entwickelt sich aus dem sukzessiven Abtragen der Oberflächen und macht das zugrunde liegende Rohmaterial sichtbar, um dadurch neue architektonische und inhaltliche Zusammenhänge zu verdeutlichen. Die Vielzahl der Gattungen und Medien der Jahresgaben wuchs in den letzten zwei Jahrhunderten:
Von Sammelmappen über Losverfahren bis hin zu individuell erwerblichen Editionen und Unikaten, durchlief das Konzept eine ähnliche Entwicklung wie die Programmatik der Kunstvereine. Der Fokus liegt dabei besonders auf den historischen Werken, die durch die Ausstellung aus multiplen Perspektiven neu betrachtet und positioniert werden.
Nicht nur die Jahresgaben haben eine lange Tradition, auch die Salongespräche gehen auf die Gründung des Kunstvereins zu Beginn des 19. Jahrhunderts zurück. Diesen Salon möchten wir im Rahmen unserer Reihe MITTWOCHS IM KUNSTVEREIN wieder aufleben lassen. Jeden Mittwoch während der Ausstellungsdauer wird es einen kurzen Vortrag, eine Bildbetrachtung oder einen performativen Beitrag in Bezug auf die Ausstellung und das Konzept der Jahresgaben geben. Die genaueren Informationen zu den Veranstaltungen entnehmen Sie bitte in Kürze unserer Website, den Auslagen in der Ausstellung und über unsere Sozialen Netzwerke.
Die Ausstellung “Häuser zum Anfassen“ befasst sich mit dem Ausstellen von Architektur. In künstlerischen Recherchearbeiten verhandelt sie Fragen zur Repräsentation, Medialisierung, Simulation und Aneignung von Architektur anhand der Musterhaus-Ausstellung in Fellbach. Diese wurde 1971 vom Verleger Ottmar Strebel gegründet und ist nach eigener Darstellung die erste ihrer Art in Deutschland. Besucherinnen und Besucher können hier 66 verschiedene, nahezu komplett eingerichtete Musterhäuser besichtigen, begehen und kaufen. So entsteht ein Hybrid aus Ausstellung, Kulissensiedlung und Simulationsarchitektur.
Die Ausstellung "Seeing With Four Eyes" verfolgt die Objektbiografie der Statue Ngonnso' aus Kamerun durch verschiedene geografische, zeitliche und institutionelle Kontexte. Dieser erste Satz ist bereits fehlerhaft. Ist Statue überhaupt ein angemessener Begriff, um eine Figur zu beschreiben, die für die einen ein Lebewesen darstellt, während andere sie lediglich als Beispiel für materielle Kultur betrachten? Und ist Biografie der richtige Begriff, um das Leben eines Artefakts zu beschreiben? Ist sie an ihr materielles Wesen gebunden oder existiert sie schon lange bevor sie aus Holz geschnitzt wurde und lange nachdem sie von Termiten gefressen wurde oder in einem brennenden Museum verloren ging? In dem Bestreben, mehr über Ngonnso' zu erfahren, beschloss ich, sie bei ihrem Namen zu nennen und damit nicht vorzuschreiben, was sie ist. Ich habe versucht, die Fragmente einer Geschichte zu sammeln, die sich nicht zu einem Ganzen zusammenfügen lassen. Ich verfolgte Fäden, die bis zur Entstehungszeit zurückreichen, zu Strafexpeditionen und Kriegshandlungen des deutschen Kolonialreichs, zu Kulturfesten in Kamerun und Europa und zu einem Museum, das versucht, mit seiner Sammlung zurechtzukommen. Ich habe mit Menschen gesprochen, die sich entweder mit Ngonnso' selbst oder mit den Kampagnen, nationalen Gesetzen und der Politik beschäftigt haben, die sie beeinflusst haben und weiterhin beeinflussen. Ngonnso' befindet sich in einem Schwebezustand: Sie wird im Frühjahr 2019 von einem Museumsdepot am Rande Berlins in eine neue Museumseinrichtung im Stadtzentrum transportiert und damit erneut von einem gelagerten Objekt in ein Ausstellungsobjekt verwandelt. Zugleich ist sie Gegenstand laufender Restitutionsverhandlungen zwischen dem Oberhäuptling des Königreichs Nso', Fon Sehm Mbinglo I, dem Staat Kamerun, dem Ethnologischen Museum Berlin und dem deutschen Staat. "Seeing With Four Eyes" bietet einen Raum, um über diese Einheit in ihren vielfältigen und widersprüchlichen Dimensionen zu reflektieren.
Vakna ist ein Spiel, das die Reise in das eigene (von der Gesellschaft beeinflusste) Denken ermöglicht und sowohl das Denken selbst als auch die eigenen Verhaltensweisen und eigenen Gefühle zum unbekleideten, menschlichen Körper hinterfragt.
Die Diplompräsentation wurde demzufolge ohne bedeckende, verdeckende, versteckende, verkleidende und betäubende Kleidung gehalten. Auch die Gestaltung der Räumlichkeiten wurde auf eine Weise vorbereitet, sodass eine Verbindung zur Diplomarbeit hergestellt und vor Ort ein Hinterfragen und Erleben mit den Sinnen stattfinden konnte.